V. A. Mjakotin Žitie Protopopa Avvakuma. Pro­topop Avvakum. Ego žizn’ i dejatel’nost’ [Die Vita des Protopopen Avvakum. Der Protopope Avvakum. Sein Leben und Wirken]. Izdat. Zacharov Moskva 2002. 199 S.

Mjakotins Biographie widmet sich dem Leben und Wirken des Protopopen Avvakum (1620–1681), der die russische Kirchengeschichte maß­geblich prägte. Gekonnt zeichnet der Autor die Lebensgeschichte Avvakums nach und vermittelt einen guten Einblick in dessen Gedankenwelt, die Avvakum zum Begründer des Altgläubigentums werden ließ. Schon in seiner Kindheit genoss er eine fromme Erziehung durch seine Eltern. Die Entbehrungen des ländlichen Lebens, die er im Dorf Grigorov erlebte, erweckten in ihm schon früh ein starkes Gottver­trauen und eine Schicksalsergebenheit (S. 11–12) Avvakum fühlte sich von Gott auserwählt, und dies erklärt auch seinen späteren missionarischen Eifer. Aus seinen Aufzeichnungen geht hervor, dass er sein Wirken als von Gott begleitet ansah (S. 15). Avvakum stand mit dem Kreis der „Eiferer der Frömmigkeit“ (revniteli blagočestija) in Verbindung. Den Sittenver­fall, den er in Russland diagnostizierte, schrieb Avvakum dem Patriarchen Nikon zu, wobei er dabei aucheine eschatologische Erklärung lieferte, indem er den Sittenfall als ein Werk des Teufels beschrieb. Bekanntlich wurde Avvakum wegen seiner Kritik an der kirchlichen Obrigkeit nach Sibirien verbannt, wo er in Tobol’sk wirkte (S. 57). Allerdings war Avvakum – wie Mjakotin überzeugend darstellt – keineswegs isoliert, sondern verfügte über ein gutes soziales Netzwerk. Sibirien sah der Protopope keineswegs als Verbannungsstrafe an, son­dern er suchte in der Wildnis die Kontemplation. So vertrat er die Ansicht, dass das Leben in Sibirien frei von den Versuchungen des europäischen Russlands sei; hier gebe es mehr Ursprünglichkeit und er könne hier die „Wahrheit des christlichen Lebens“ finden (S. 58). Abschließend ist zu konstatieren, dass die Zeit in Sibirien für Avvakum sehr prägend war und seine religiösen Ansichten stark beeinflusste. Deutlich wird, dass Sibirien schon frühzeitig ein Laboratorium alternativer Gesellschaftsentwürfe darstellte. Eine zukünftige wissenschaftliche Be­trachtung des Altgläubigentums, so kann man das Fazit nach der Lektüre dieses Buches ziehen, wird die sibirische Verbannungszeit des Avvakum stärker in Betracht ziehen müssen.

Eva-Maria Stolberg, Essen

Zitierweise: Eva-Maria Stolberg über: V. A. Mjakotin Žitie Protopopa Avvakuma. Protopop Avvakum. Ego žizn’ i dejatel’nost’ [Die Vita des Protopopen Avvakum. Der Protopope Avvakum. Sein Leben und Wirken]. Izdat. Zacharov Moskva 2002. 199 S., in: http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/Rez/Stolberg_Mjakotin_Zitie_Avvakuma.html (Datum des Seitenbesuchs)