Risto Peltovuori Suomi saksalaisin silmin 1933–1939. Lehdistön ja diplomatian näkö­kul­mia [Finnland in deutschen Augen. Blickwinkel der Presse und der Diplomatie]. Suo­malaisen Kirjallisuuden Seura (SKS) Hel­sin­ki 2005. 306 S., Abb. = Historillisia Tut­ki­muk­sia, 223. ISBN: 951-746-703-6.

Waren die deutsch-finnischen Beziehungen während des Zweiten Weltkrieges bereits häufig Gegenstand der Forschung, sind die Jahre zwischen nationalsozialistischer Machtergreifung und Kriegsbeginn bislang selten untersucht wor­den. Diese Lücke will Risto Peltovuori auch in seinem eigenen Werk schließen, da er bereits mehrere Untersuchungen zu den deutsch-finnischen Beziehungen und zum Finnlandbild in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges vorgelegt hat. In der vorliegenden Studie analysiert er anhand der Berichterstattung der wichtigsten deutschen Tageszeitungen die chronologische Entwicklung des Finnlandbildes im nationalsozialistischen Deutschland von 1933 bis 1939. Thematisch ist die Untersuchung in drei Abschnitte gegliedert, in denen die politischen Beziehungen, das finnische Kulturleben und die Sportereignisse geschildert werden.

Das traditionell positive Finnlandbild in Deutschland speiste sich aus der langen Tradition der deutsch-finnischen Kulturbeziehungen so­wie aus der militärischen Unterstützung der finnischen Unabhängigkeit durch Deutschland 1918 und korrespondierte mit einer starken Stellung deutscher Kultur und Sprache in Finnland. Die nationalsozialistische Machtergreifung markierte hier zunächst einen Bruch, da die neue deutsche Diktatur nur wenig Sympathien in der finnischen Bevölkerung fand. Umgekehrt war man auf deutscher Seite schon bald um die Fortsetzung der freundschaftlichen Beziehungen zu Finnland bemüht, was sich in einer fast durchgehend positiven Darstellung Finn­lands in der deutschen Presse niederschlug. Dies kontrastierte mit einer zunehmend kritischeren Berichterstattung der finnischen Presse über Deutschland. So rief beispielsweise die Zerschlagung der Tschechoslowakei 1939 scharfe finnische Kritik quer durch alle politischen Lager hervor. Daher gelang es der deutschen Seite über den gesamten Untersuchungszeitraum nicht, entscheidenden Einfluss in Finnland zu gewinnen.

Das wichtigste deutsche Motiv für die intensive Hinwendung zu Finnland war die propagandistische Auseinandersetzung mit der Sowjetunion; die gespannten finnischen Beziehungen zum sowjetischen Nachbarn waren zentraler Ge­genstand der politischen Kommentare. Indem Finnlands Rolle als einsames Bollwerk gegen die bolschewistische Bedrohung hervorgehoben wurde, erschien es als natürlicher Verbündeter, so dass die positive Darstellung auch zweckgebunden im Dienst der Propaganda gegen die Sowjetunion zu sehen ist.

Neben politischen Themen dominierten die deutsche Berichterstattung tradierte Klischees von der unberührten Natur des „Landes der tausend Seen“; bei den Nachrichten über das finnische kulturelle Leben konnte der Hinweis auf die Tradition der Deutschfreundlichkeit bürgerlich-konservativer Kreise nicht fehlen. Besonders Schriftsteller wie Maila Talvio und V. A. Koskenniemi und der Komponist Yrjö Kilpinen tauchten aufgrund ihrer offen zur Schau gestellten Sympathien für die Nationalsozialisten häufig in der Berichterstattung auf. Auch finnische Sporterfolge wurden intensiv kommentiert, selbst dann noch, als der Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion die Rolle Finnlands unter völlig neue Vorzeichen stellte, indem es nun eindeutig der sowjetischen Einflusssphäre zugeordnet wurde.

Peltovuoris Untersuchung bietet im Hinblick auf die großen Zusammenhänge zwar keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse. Dennoch schließt sie eine Lücke der Forschung zum deutsch-finnischen Verhältnis, indem sie auf breiter Quellenbasis mit großer Detailkenntnis eine überzeugende Analyse des deutschen Finnlandbildes am Vorabend des Zweiten Weltkrieges bietet und darüber hinaus anhand dieses Fallbeispiels einen fundierten Einblick in Struktur und Funktionsweise der deutschen Presselandschaft und ihrer Rolle im Nationalsozialismus gewährt.

Olivia Griese, Köln

Zitierweise: Olivia Griese über: Risto Peltovuori: Suomi saksalaisin silmin 1933–1939. Lehdistön ja diplomatian näkökulmia. Suomalaisen Kirjallisuuden Seura (SKS) Helsinki 2005. = Historillisia Tutkimuksia, 223. ISBN: 951-746-703-6, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. Neue Folge, 57 (2009) H. 4, S. 624-625: http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/Rez/Griese_Peltovuori_Suomi_saksalaisin_silmin.html (Datum des Seitenbesuchs)